Nahwärme mit europäischer Förderung

Nahwärme für Lenggries

Wie ringt sich eine Gemeinde dazu durch, ein Nahwärme-Projekt umzusetzen? Sowohl in Reichersbeuern als auch in Lenggries erübrigt sich diese Frage, denn das Projekt stieß von Anfang an auf große Zustimmung. Strittiger als die Frage nach dem „ob“ war die nach dem „wie“. Die Gemeinde Lenggries entschied sich dafür, ausschließlich kommunale Liegenschaften anzuschließen und das Netz komplett in Eigenregie zu betreiben.

Ein unscheinbares Gebäude in der Nähe der Lenggrieser Grundschule ist für die Energieversorgung des Ortes von großer Bedeutung. Hier befindet sich seit November 2019 die Zentrale des gemeindeeigenen Nahwärmenetzes.

Mit dem Bau des Nahwärmenetzes wurde das bereits vorher vorhandene Lenggrieser Blockheizkraftwerk (BHKW) modernisiert. Es läuft nach Auskunft des Bauamtes das ganze Jahr durch. Ein Hackschnitzelkessel, ein gasbetriebenes Blockheizkraftwerk und zwei Gas-Spitzenlastkessel erzeugen Wärmeenergie für gemeindeeigene Liegenschaften (siehe Kasten).

Während der Heizperiode sorgt die Hackschnitzelheizung zusätzlich für Wärme. „Sollte die einmal nicht ausreichen, springen die Gas-Spitzenlastkessel ein“, erklärt Werner Weindl, der als Bürgermeister das Projekt begleitet hat. Die Spitzenlastkessel stellen auch sicher, dass im Falle einer Störung oder für die Dauer von Wartungsarbeiten niemand friert.

Im SeptemGrossansicht in neuem Fenster: Nahwärme Lenggries 2ber 2016 hatte sich der Lenggrieser Gemeinderat für ein Biomasseheizwerk mit Nahwärmenetz ausgesprochen. Es sollte an das bestehende Gebäude des Blockheizkraftwerks am Schulsportplatz an der Geierstraße angeschlossen werden.

„Die Tourist-Information hätte sowieso eine neue Heizung gebraucht“, erklärt Werner Weindl. „Gleiches galt für das Rathaus, den ehemaligen Gasthof Post, den Alpenfestsaal und die Bücherei. Da gab es im Gemeinderat gar keine großen Diskussionen.“ Eine Machbarkeitsstudie des Ingenieurbüros Schuhmacher und André bestätigte die Sinnhaftigkeit des Projektes: In 30 Jahren spart die Gemeinde voraussichtlich neun Millionen Euro.

Trotz der großen Einigkeit verzögerte sich der Baubeginn noch bis zum Frühjahr 2019, denn die Gemeinde hatte sich Ende 2017 um Förderungen aus den Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) beworben. Mitte März 2019 kam der Bescheid: Der Antrag hatte Erfolg, 60 Prozent der Investitionen in Höhe von 3,5 Millionen Euro waren durch Förderungen gedeckt. 50 Prozent übernahm die EU, 10 Prozent der Freistaat Bayern.

Nach sorgfältiger Planung erfolgte Ende 2018 die Ausschreibung. Über den Sommer 2019 wurden die Leitungen verlegt, im November desselben Jahres ging die Anlage dann in Betrieb.

Im Gegensatz zu Reichersbeuerns Erweiterungsplänen sind und bleiben in Lenggries nur kommunale Gebäude an das Nahwärmenetz angeschlossen. Die Gemeinde betreibt die Anlage komplett in Eigenregie.

Was Werner Weindl Kollegen mit auf den Weg geben würde, die ebenfalls mit dem Gedanken an ein Nahwärmenetz spielen? „So ein Projekt ist sinnvoll, wenn bei mehreren kommunalen Gebäuden die Notwendigkeit besteht, etwas zu machen“, ist er sich sicher. Und fügt hinzu: „Wir sparen uns schon Geld dadurch.“

 

Technische Daten

 

Brennstoffe: Hackschnitzel und Gas

Standort: Heizzentrale am Schulsportplatz (Geiersteinstraße)

Leistung: BHKW ca. 280 kW Heizleistung, ca. 160 kW elektrische Leistung; Hackschnitzelkessel 750 kW Heizleistung; Gas-Spitzenlastkessel 2000 kW Heizleistung

Trassenlänge: insgesamt rund 1000 m

Verbrauch (errechnet): BHKW ca. 420.000 m³/a Gas; Gasspitzenlastkessel ca. 27.000 m³/a Gas; Hackschnitzelkessel ca. 4000 Schüttraummeter/a Holz

Beheizte Fläche: insgesamt 18.564 m² (Schulkomplex Lenggries mit Hallenbad und zwei Turnhallen, Tourist-Information, Rathaus, ehemaliger Gasthof zur Post, Alpenfestsaal, Büchereigebäude)

Quelle: Bauamt Lenggries